Der Guide für nachhaltige Sportkleidung und Ausstattung: Wasser, Rad und Outdoor!
Sport und ich – eine holprige Angelegenheit. Ich verfüge über gar keinen sportlichen Ehrgeiz, habe mich bei den Bundesjugendspielen immer herausgemogelt (Teelöffel & Knöchel – if you know, than you know!), komme aus einer geistig, aber nicht körperlich aktiven Familie und zeigte bisher nur beim Streckentauchen erwähnenswerte Erfolge – ausgerechnet. Na gut, und beim Tanzen, denn ich habe alle Tanzwettbewerbe auf unseren privaten Partys abgeräumt. Davon ab – ich bin echt kein Sporty Spice.
Erst ein kleiner Sportkalender auf der Januarausgabe der SHAPE, hat meine Neugier auf Bewegung geweckt und mich tatsächlich zu regelmäßigen Trainings motiviert. Shout out, SHAPE! Heute treibe ich wie weitere 15 Millionen Deutsche mehrmals im Monat Sport.
Klar, dass zum Sport machen auch Sportkleidung und Equipment gehören. Mit einer beachtlichen Bandbreite: Von Tennisschuhen zu Schwimmbrillen, Reiterstiefeln, Fahrrad-Trikots, Boxhandschuhen und Yogamatten bis hin zu atmungsaktiven Fitness-Shirts und Hanteln. Und da ist ja schon mein Stichwort: atmungsaktiv? Das hat doch einen synthetischen Material-Hintergrund. Da stellen sich doch Fragen: Wie nachhaltig ist eigentlich die Sportindustrie, wie ökologisch vertretbar sind (recycelte) Polyesterfasern, welche Surfboards geben kein Mikroplastik in ihre Umwelt ab und gibt es eigentlich bereits nachhaltig zertifizierte Sportstudios?
Als ich mich an den Post gemacht habe, hatte ich nicht erwartet, dass es doch schon soooo viele Hersteller nachhaltiger Sportkleidung gibt. Je mehr ich recherchiert habe, je mehr Input habe ich gefunden. Weshalb ich den Guide teile: Teil I dreht sich um Kunstfasern, die Ausstattung für Wassersport, Radsport und Outdoorsport. Teil II wird sich um Fitness und Workout, nachhaltige Sportgeräte für zu Hause, um gesunde Nahrungsergänzungsmittel in Bio-Qualität und Pflege der Ausrüstung drehen. Und ehrlich, ich könnte noch Teil drei, vier und fünf machen. Los gehts!
Synthetische Fasern können immer nur nachhaltiger sein – aber nie die nachhaltigste Lösung
Beginnen wir mit der Thematik Sportmode und Ausstattung und den problematischen synthetischen Fasern, die hierbei verarbeitet werden. Für viele Sportarten werden Polyester, Polyamid, Elastan oder auch Neopren verwendet, die allesamt chemisch und billig in der Herstellung sind, alle bei jedem einzelnen Waschgang Mikroplastik in das Wasser abgeben und schwer zu entsorgen sind. Kunstfasern bestehen aus Erdöl, Kohle und Erdgas; eben die Rohstoffe, von denen wir uns doch dringend unabhängig machen wollen!
Durch die Förderung von Erdöl und Gas wird immer Natur zerstört, der Rohstoff ist endlich und je weniger leicht zu förderndes Erdöl der Mensch findet, je eher ist er bereit, in risikoreichere Gegenden vorzudringen und dort bis dahin geschützte Lebensräume zu zerstören, um den krassen Energiehunger unserer Welt zu stillen. Es ist zudem sehr aufwändig, aus fossilen Brennstoffen Kunstfasern herzustellen, es bedarf eines Chemikalien-Mix und wem das noch nicht als kritische Argumentation reicht, nicht auf diese Fasern zurückzugreifen, dem sei gesagt, dass wir die Toxine, die sich aus dem Gewebe lösen, in unseren Körper aufnehmen, wenn wir fröhlich ins Polyesterhemdchen schwitzen.
Recycelte Polyesterfasern sind also immer die bessere Wahl, weil für sie der Prozess der Produktion weniger umweltschädlich ist, gleichwohl auch aus diesen Produkten am Ende immer noch Mikroplastik geschwemmt wird. Sportsachen also immer in einem Wäschenetz wie Guppyfriend waschen, das Mikroplastik filtert.
Nachhaltiger Wassersport: Surfen, Schwimmen, SUP 🤙🏻
Nichts liebe ich so sehr, wie im Wasser zu sein und mein Alter Ego ist auf jeden Fall eine (Wind-)Surferin. Wobei: Der Neopren-Anzug, den man zwingend im Meer trägt, das Polyester- und Carbon-Board und Plastiksegel, dazu Aufbewahrungsboxen und sonstiges tam-tam machen Surfen, eigentlich ein unglaublich naturnaher Sport, zum ökologischen Desaster. Kommt jetzt noch chemisches Bretter-Wachs hinzu, das Wassermikroorganismen schädigt oder eine für Korallenriffe giftige Sonnencreme, dann Ciao Kakao. Glücklicherweise gibt’s aber auch in der Surfer*innen-Szene viele eco-friendly Leute. Das Blogazine Surf&Mind stellt sie vor und hat auch die umweltfreundlichen Hersteller im Blick. Surfganic, meinem Favorite Hermanns, Buster-Surfbaords oder Yuyo sind beispielsweise allesamt Brands, die ökologisch freundliche Surfbretter und Zubehör produzieren. Entweder aus Holz, dem Ur-Material aller Boards oder zumindest aus recyceltem Kunststoff mit ungiftigem Materialkern und Bio-Wachs. Zudem werden die Boards fair und im ressourcenschonenden Produktionsprozess hergestellt.
Der Trendsport SUP hat schon lange Hamburg erreicht und jeder Kanal in meiner Stadt ist zu jeder Zeit mit mindestens einem Board in Kontakt. Da freut es doch, wenn das Board wie die Surfboards aus möglichst nachhaltigen und gesunden Materialien stammen und/oder einem Sinn dienen. Hier gibt’s eine Liste mit empfehlenswerten Boards, darunter das Viva con Aqua-Board, geile Idee.
Der klassische Neo für Wassersport besteht aus Polyester, ist somit nicht biologisch abbaubar, er gibt Toxine an Körper und Meer(-bewohner*innen) ab und ist energieintensiv in der Herstellung. Weg damit!
Patagonia hat schließlich 2016 den ersten neoprenfreien Wetsuit auf den Markt gebracht und führt bis heute den weltweit einzigen Fair Trade Certified™ Wetsuit aus Yulex Naturkautschuk und 15 % synthetischem Kautschuk mit Polymer-Anteil.
Auch SLO active hat sich auf Yulex-Naturkautschuk spezialisiert und hat eine richtig hübsche Range an Wassersport-Teilen für Frauen entwickelt. Neben dem nachhaltigen Aspekt des pflanzenbasierten Wetsuits, fairen Produktionsbedingungen und einem nachhaltigen Produktzyklus, setzt frau sich bei SLO für die Aufforstung von Mangroven-Wäldern und gegen Plastikvermüllung der Ozeane ein.
Wohin jetzt mit alten Neoprenanzügen? Den alten Neo kann man 1A beim Kieler Start-up „Land & Sea“ abgeben. Die zwei Kielerinnen arbeiten Neos in Yoga- bzw. Fitnessmatten um. 2567 Anzüge kamen dabei schon zusammen. Top!
Und zum Schwimmen? Viele Hersteller setzen auf entweder recycelte Fasern (Problem nun ausreichend beschrieben) oder auf Naturfasern, wie Natasha Tonic aus L.A. Ihre bevorzugte Faser? Hanf. Der Anbau von Hanf benötigt deutlich weniger Wasser als Baumwolle und benötigt keine Pestizide, was Hanf zu einer Lieblingspflanze der Fair Fashion macht. Zudem werden die Teile handgefertigt und das in nur kleiner Auflage, sodass kein Überschuss entsteht. Die Brand hat aber noch weitere sporty Outfits in petto: Runners Wear, Yoga Leggins oder Biker-Hosen. Sneakt mal in den Shop!
Auch mein Alltime-Lieblings-Shop Avocadostore führt nachhaltige Bademode. Beispielsweise das Label Inaska mit ihren Sport-Bikinis und Einteilern. Recyceltes Polyamid, faire Arbeitsbedingungen und eine ressourcenschonende Logistik machen das Label definitiv empfehlenswert.
Es gibt noch unglaublich viele weitere eco-friendly Bademode/Swimmwear, deren ausführliche Vorstellung leider meinen Rahmen sprengen würde. Aber einige erwähnen möchte ich natürlich trotzdem: Woodlike - Zündstoff -Bleed Clothing - Boochen.
Halb Wasser, halb Land: nachhaltige Kleidung und Equipment für Triathlet*innen 🚀
Ich selber bin ja leider nicht triathletisch geeignet, bewundere die crazy People aber sehr, wie sie ihren Sport meistern. Wahnsinn! Deren Top-Marke für nachhaltige Bekleidung für Radfahren, Laufen und Schwimmen ist LANAKILA. Das Angebot der Gründerin Sylvia Michalk umfasst vom Triathlon Suit für Männer und Frauen (und alle anderen auch) auch Sport-Badeanzüge und Trunks sowie Badekappen, aber auch Runners-Shirts und Leggins. Alle Produkte haben eine Philosophie gemein: Sylvia hatte ihren Augen öffnenden Moment auf ihrer Weltreise. "Als mir der Plastikmüll beim Schwimmen am Arm klebte, schockierte mich das derartig, dass ich danach mein ganzes Verhalten als Konsumentin und Triathletin infrage stellte. Bewusstes Konsumieren & ein Streben nach Plastikvermeidung wurde einer meiner großen Triebfedern." Der Wirtschaftswissenschaftlerin fehlten nachhaltige Produkte und so entwickelte sie zusammen mit lokalen Unternehmen den weltweit ersten nachhaltig-produzierten Triathlonanzug aus recyceltem Meeres-Plastikmüll. Die Firma produziert nur in kleinen Mengen, um Überschuss zu vermeiden. Für die Performance-Linie werden mit der Einschränkung -wenn funktional möglich - Stoffe aus recyceltem Plastikmüll verwendet.
Auch Trigirl hat einen stark nachhaltigen Anspruch und fertigt die Ware für Triathletinnen aus recyceltem ECONYL®, das wegen der Nylonfasern langlebiger sein soll, als Polyester. Zudem kommt, dass pro 100 Tonnen ECONYL®-Rohstoff 700 Barrel Rohöl eingespart, und 571 Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden sollen. Ich finde, das sind mal amtliche Zahlen! Trigirl macht aber noch mehr, sie verzichten in der Logistik auf Flugverkehr, setzen auf möglichst nachhaltige Verpackungen und produzieren nach fairen Standards.
Laufen, Radsport und Wandern – nachhaltige Outdoor-Marken 🏔
Am liebsten fahren die Deutschen Rad, gehen Laufen oder Schwimmen. Schwimmen habe ich abgehakt, also auf zum Thema Laufen/Wandern und nochmal intensiver dem Radsport. Eine nicht zu unterschätzende Umweltbelastung ist der Abrief unserer Gummireifen, denn das enthaltene Mikroplastik landet der Straße und von dort aus natürlich in Gewässern. Hersteller Schwalbe hat sich schon intensiver mit der Thematik nachhaltig und umweltschonende Radreifen auseinandergesetzt. Das bedeutet eine möglichst lange Lebensdauer, ressourcenschonende Herstellungsprozesse und nachhaltigere Materialien.
Auch das Rad an sich kann je nach Hersteller „dreckiger“ oder umweltfreundlicher in der Produktion sein. Alleine das Rahmen-Material ist ein Knackpunkt, wie oben bereits erwähnt ist Carbon zum Beispiel große Scheiße. Bambus ist wiederum ein modernes, schnell wachsendes und extrem leichtes Material, was gerade im Radsport wichtig ist. Aluminium, Stahl, Titan – alle Materialien haben ihre Pro&Contras, ich verweise hier an die Kollegen von radfahren.de, die in ihrem großen „Umweltfreundliche Fahrräder“-Test mehrere Varianten geprüft und genau erklärt haben, warum wo welcher Rohstoff ideal oder eben mies in Hinsicht auf Umwelt ist.
Mit dem Rad ist es jedoch noch nicht getan: Der/die Biker*in trägt Radanzüge, braucht Kappen, Regencapes und Fahrradtasche. Ich persönliche könnte niemals Kunstfaser-Anzüge tragen, meine sensible Hat flippt darunter aus. Besser wäre für mich ein Baumwolle-Elastan-Gemisch wie bei der Brand Organique. Zertifizierte Bio-Baumwolle, faire Arbeitsbedingungen und vegane Materialien klingen für mich ideal. Den Radler-Suit gibt’s sogar als One-Shoulder-Variante!
Wer größere Touren fährt, wird hier fündig – Pioniermarke Vaude hat eine große Radreisen-Übersicht erstellt, mit Radlerhosen, Trikots, Gamaschen, Taschen und Helmüberzüge. Damit ist man zumindest fast so gut ausgestattet wie Profis. Schließlich verbergen sich hinter dem Vaude Pro Team einige super-erfolgreiche Athlet*innen wie Bikerin Kerstin Kröger, MTB-Fahrer Daniel Eiermann oder das Team Trek Vaude. Alle vereint ihre Liebe zum Radsport und zur Natur. Denn Vaude produziert ausschließlich umweltfreundlich(ere) Produkte. Nicht nur für den Radsport. Konkret bedeutet das, auf klimaschonende Alternativen wie Rizinus-Bohnen oder weitere Naturmaterialien zu setzen, klimaneutrale und faire Produktion, ein Reparaturservice und wer sein Teil nicht mehr mag, kann es im hauseigenen Shop verkaufen. Letzteres ein willkommener Trend, der sich gerade durchsetzt.
Picture Organic Clothing lässt einen gar die gewünschten/gebrauchten Klamotten für den nächsten Naturtrip ausleihen. Die französische Marke bietet eine große Range an Activewear, Wintersport-Kleidung und sogar Kinder-Sportklamotten. Tatsächlich wird hier Wert auf jeden CSR-Aspekt gelegt: Rohstoffe, Arbeitsbedingungen, Logistik, Recycling, Aktivismus, soziales Engagement. Bitte einmal hier entlang zum großen „About“.
Outdoor-Marke PYUA gibt an, der erste Hersteller von 100 % recycelter High Performance Outerwear zu sein. Und strengt sich deshalb auch extrem an, den eigenen CO₂-Fußabdruck in jeglicher Hinsicht kleinzuhalten. Benötigt man ein PYUA-Teil nicht mehr, wird es zurückgeschickt und wieder in den Kreislauf geschickt. Bis 2025 will das Unternehmen den Textilkreislauf komplett zu schließen. Auch bei PYUA kann man seine (Ski-)Kleidung leihen. Die Range reicht von Outerwear für Männer und Frauen und besteht überwiegend aus recyceltem Polyamid und Polyester, ist frei von PFC und wird fair in Vietnam hergestellt.
Und wir sind immer noch nicht am Ende: Es fehlt das richtige Schuhwerk in Form von nachhaltigen Laufschuhen, Schuhen für Trailrunning und Wanderstiefel. Wiedermal die Enttäuschung vorne weg, es gibt nur nachhaltigere, nicht wirklich nachhaltige Laufschuhe. Damit die Schuhe möglichst leicht, Fuß-stützend und atmungsaktiv sind, werden wiedermal die erdölbasierten Stoffe genutzt. Es gibt aber Marken, die zumindest zum Teil aus nachhaltigeren Stoffen bestehen.
Infinite Running aus Pirmasens lassen klimaneutral in Deutschland produzieren. Die Laufschuhe sind vegan, die Kleber auf Wasserbasis und das besondere sind die Sohle des Schuhs. Die lässt sich wechseln, je nach Anforderung. So kann aus einem Schuh zwei Schuhe werden, denn zum Spaziergang kann man eine andere Sohle nutzen als zum Dauerlauf. Das spart enorm Ressourcen ein.
Die brasilianische Megatrend-Brand Veja hat ebenfalls Laufschuhe herausgebracht, die Hälfte der verwendeten Materialien des Condor 2 Alveomesh besteht aus nachwachsenden oder recycelten Stoffen, zudem ist die oft kritische Zwischensohle aus einem EVA-Materialmix, mit einer Mischung aus Bananenöl, Zuckerrohr und Abfällen aus der Reisindustrie, das Mesh ist aus recycelten Plastikflaschen. Die Schuhe werden zudem fair im Heimatland Brasilien hergestellt. Veja eröffnet übrigens gerade den ersten Veja-Store in Berlin-Mitte.
Für Trailrunner*innen ist die Brand Icebug erste Wahl. Das Unternehmen versucht, ihren negativen Impact auf die Umwelt zu minimieren und zu kompensieren. Das Ziel ist, bis 2030 einen CO₂-Fußabdruck von weniger als 6,45 kg CO₂ zu haben und diesen zu kompensieren. Hier gibt es sowohl Laufschueh als Outdoorschuhe, bei jedem Produkt wird der CO₂-Äquivalente angezeigt, der Anteil an biobasierten Materialien und die der recycelten. Volle Transparenz also. Ein herber Minuspunkt ist allerdings die Gore-Tex Membran. Warum man niemals Gore-Tex Membran kaufen sollte (und damit produzieren, liebe Icebugs) hat mein Mann auf seinem Blog St. Bergweh ausführlich besprochen. Wenn schon so eine Membran, dann von Sympatex.
Wanderschuhe ohne Gore-Tex gibt es auch. Ich habe welche von Vaude, die ich wärmstens empfehlen kann. Die Marke Hanwag feierte unlängst ihren hunderten Geburtstag. Da kann man schon mal auf die Qualität vertrauen, oder? Der Wanderboot Waxenstein wird in Europa gefertigt und besteht aus chromfrei gegerbtem Bio-Leder, einer kompostierbaren Sohle und das Fußbett ist aus Kork und Leder.
Okay, ich bin jetzt wirklich durch von all den Infos, Marken und nachhaltigen Facts, ich lege mich erstmal hin. Oder ich schau erst nochmal ganz heimlich eine Folge ….