Das plastikfreie Badezimmer: Mehr Nachhaltigkeit bei der Körperpflege

Vier feste, weiße Seifen liegen aufeinander in einem weißen Raum

Credit: Sincerely Media I Unsplash

Ich bin ja eine ehrliche Haut: in meinem Badezimmer stehen immer noch ziemlich viele Plastiktuben und Einwegglasbehälter für die Körperpflege. Leider hat sich nicht alles, was ich enthusiastisch im Unverpackt-Laden in meinen Korb werfe, zu Hause überzeugen können. Der Wille ist da, wie hier im „Sieben Tage plastikfrei einkaufen“-Versuch. Auf lange Sicht verschwanden die Zahntabletten dann aber doch aus dem Schrank, genau wie der Rasierhobel. Warum, das erkläre ich weiter unten. Bleiben durften hingegen die wiederverwendbaren Kosmetik-Pads, Kosmetik aus dem Pappschuber und die Menstruations-Höschen.


Trotzdem bin ich nur ein Low-Waste-Typ. Ich schaue schon genau hin, bevor ich etwas kaufe, sorge dafür, dass alle Verpackungen getrennt und sorgfältig entsorgt werden, ich versuche, Toilettenpapier-Tüten als Kosmetikmüllbeutel wiederzuverwenden und ausgewaschene Behälter immer weiterzunutzen. Doch der beste Müll ist immer noch der, der gar nicht erst entsteht. Gerade im Bereich Badezimmer sind wir wieder mal ausufernd verschwenderisch mit unserem Konsum: Über 13 Milliarden Euro gaben die Deutschen laut Statista 2021 für Körperpflegemittel aus. Und diese Pflegeprodukte sind nun mal mehr oder weniger verpackt.  


Zahnbürsten, Zahntuben, -Seide und Interdentalbürstchen, Lotions, Cremes, Duschgels und Shampoo, Handwaschzeug und Conditioner, Sonnencremes, Haarmasken, -Sprays und Wachse, Klobürste, Kloreiniger, Fußcremes, Deos, Make-up, unverpackte Wattepads und Ohrstäbchen, Tampons oder Binden, Lippenpflegestifte ­und so weiter und sofort. Was klingt wie eine mittelgroße Douglas-Filiale, ist der Inhalt eines durchschnittlichen Badezimmer-Regals. Da kommen eine ganze Menge Kunststoff, Mikroplastik und Einweg-Verpackungen zusammen. Dass (Mikro-)Plastik sich durch unser Grundwasser in fließende Gewässer bis ins Meer verbreitet und dann auf unseren Tellern landet, das ist ja eine alte News. Aber jetzt wird’s absurd: Plastik macht uns auch noch fett. Ja, ganz richtig gelesen. In der Studie „Adipogenic Activity of Chemicals Used in Plastic Consumer Products“ konnte nachgewiesen werden, dass Plastikteilchen Einfluss darauf haben können, dass unsere Körperzellen mehr Fett einlagern, und wir dadurch dicker werden.

Und weil wir auch schon wissen, dass selbst die brav für den Müll getrennten Plastikteilchen, Pappteile oder Restmüll nur zu einem kleinen Anteil wirklich recycelt werden und stattdessen – das gilt zumindest für den Plastikanteil – einfach verbrannt werden, wäre es doch einen Versuch wert, Marie Kondo zu spielen und zu schauen, was bringt uns joy, was kann weg und was kommt besser unverpackt?

Eine Person hält Seifenblasen von Seife in der Hand

Foto: Matthew Tkocz I Unsplash

Nachhaltige Seifen, Shampoo und Körperbutter – Pflegeprodukte ohne Plastik

Als treue Konsumentin etlicher Frauenmagazine, Blogs, Vlogs und Podcasts weiß ich um die Verführung neuer Produktlinien mit verheißungsvollen Versprechen von ewiger Jugend und makelloser Haut, weiß, das ist natürlich heillos übertrieben. Leider! Stattdessen, so langweilig das auch klingen mag, gilt, wer eine gute Pflege gefunden hat, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind, darf dabei bleiben. Im Grunde gilt, was die letzten hundert Jahre galt. Pflege dich nach den Jahreszeiten, ernähre dich gut, trink ausreichend, verzichte auf Alkohol und Zucker. Je reduzierter die Pflege (manche Dermatolog*innen schwören sogar darauf, gar keine Produkte zu verwenden), desto besser auch für die Haut. Man muss also nicht alles und jedes neue Produkt ausprobieren und dafür nicht aufgebrauchte Tuben wegwerfen. Wer sich einmal an festen Seifen probiert und seine Favoriten gefunden hat, der kann und soll dabei gern bleiben. Von den Unisex-Seifen von terrorists of beauty zu der Haarseife von und Gretel, zu dem Klassiker Speick oder der Luxusvariante von Dior; feste Seifen sparen Wasser, Energie und Platz bei der Logistik und im Laden und sind somit ein fester Bestandteil eines nachhaltigen Badezimmers.

Feste Körperbutter kann man sich simpel selber machen oder in jedem Drogeriemarkt kaufen. Ich habe bislang keine gefunden, die ich vertrage, das muss ich leider zugeben. Ich nutze dafür Öle aus Glasflaschen, bspw. Olivenöl in der Mehrwegflasche oder wie hier, unglaublich, in der Papierflasche. Leere Kokosöl-Gläser nutze ich eigentlich immer als Vorratsdosen weiter.

Make-Up, Haare färben und Nagellack ohne Plastik

Seit Monaten begleitet mich jetzt schon der i+m Lippenpflegestift “Vanilla Lip Care” im Pappschuber, der super ergiebig ist und deren Schuber wunderbar dicht hält. Wofür braucht es also Plastikhülsen? Die Antwort mag die Marke Le Papier haben, denn die stellen sogar Lippenstifte her in, tadaa, Papierverpackungen. Aus Bio-Kunststoff sind auch die Verpackungen der Firma Colouer Caramel, deren breite Palette an dekorativer Kosmetik von Nägeln über Lippen zu Rouge geht. Selbst Haare färben geht auf Wunsch ohne Plastik. Die Pioniere Lagona und Sante bieten ihre Coloration schlicht in der Pappverpackung an. Zu finden in jedem gut sortierten Bioladen.

Eine Bambus-Zahnbürste liegt neben einem Holzbreitten auf einem grünen Hintergrund

Credit: Laark Boshoff I Unsplash

Eco-friendly Zahnpflege / Putzen ohne Plastik

Alle sechs Wochen eine neue Zahnbürste, das tägliches Nutzen von Interdentalbürstchen, ein Zungenschaber, die Nutzung von Zahnseide plus die verwendeten Zahncremes und das Flouridgel, hoppla, sind das viele Plastikteilchen! Es gibt Hoffnung: Hydrophil und Nachfolger entwarfen die Bambuszahnbürsten mit natürlichen Kunststoffen, Interdentalbürstchen gibt es nun aus Birkenholz und die Zungenschaber schon lange aus Metall. Die Zahncremes können wahlweise selber angemischt werden, mit Zahntabletten ersetzt werden – mit denen ich leider nicht auf lange Sicht klargekommen bin, mir fehlte das super-glatte Gefühl nach dem Putzen – oder gegen Naturkosmetik-Zahnpasta in der recycelten Tube. Ich tendiere zu letzterem und freue mich über die Holzaufsetz-Bürsten für meine Sonicare.

Mix it! Pulver zum Anmischen statt fertig gekauftes Duschgel oder Handseife

Nicht immer ist die feste Seife das Mittel zur Wahl. Mal verträgt die Haut es nicht, mal mag der/die Konsument*in die Haptik nicht, doch Rettung naht, ­immer mehr Hersteller*innen bieten Pulver zum Anmischen des gewünschten Produktes an! Der Klassenprimus everdrop hat nach ihrem Putzkasten (hier ein kleiner Bericht) die Körperpflege im Visier und bietet seit neustem Pulver zum Duschen und Hände waschen an. Gleich so erfolgreich, dass es gerade ausverkauft ist. Die Anwendung ist natürlich denkbar einfach: Pulver in einen Behälter der Wahl kippen, Wasser drauf, fertig ist der Spaß.

Hübsch anzusehen und gleiches Konzept bietet die AllMatters "Pulver-zu-Schaum" Seife. Schaum-Handseifen Starter-Set mit Seifenspender gibt es beim Avocadostore.

Bad hair don’t care – Nachhaltigkeit beginnt am Kopf

Neben Shampoobars und festen Conditioner gibt es noch den super-simplen Trick, seine Haarpracht nach der Wäsche eine Rinse mit Bio-Apfelessig & Wasser (im Mischverhältnis 1:3) zum Glänzen zu bringen. Die glänzende Mähne anschließend mit den hochwertigen Holzbürsten / Kämmen aus Celluloseacetat von meiner Love-Brand Nuori auskämmen.

Zwei Personen halten Menstruationstassen in den Händen

Monika Kozub I Unsplash

In der Regel nachhaltig

Menstruationstassen, Periodenslips, Periodenbinden, Bio-Tampons – wer heute noch Plastikbinden im Schlüpfer trägt, ist wirklich von vorgestern. Eine wahre Revolution preschte da heran, so revolutionär, dass Frau jetzt in der o.b.-Werbung sogar rot statt blau bluten darf. Aber o.b.s, die will ja keiner mehr, oder? Stattdessen gibt es Bio-Baumwoll-Tampons in Papier verpackt, auswaschbare Tampons und Binden, die von mir auch schon getestet und für hervorragend befundenen Slips oder eben die Tasse. You choose!

Mein Endgegner: der Rasierhobel

Okay, es wird haarig. Ich gebe zu, ich bin ein Tollpatsch. Ich laufe gegen Tische und Schränke, ich gieße mir kochend heißes Wasser über die Hände und ich schneide mich mit dem Rasierhobel. Jedes. Einzelne. Mal. Es gibt jubelnde Rezensionen von Menschen, die wunderschöne Haut nach der Nutzung haben. Ich, meine Lieben, gehöre nicht dazu. Weshalb ich ihn zwar mit aller Deutlichkeit empfehle, schließlich ist der Hobel Zero Waste, doch ich nutze ihn nicht. Zu gefährlich dieses Unterfangen, für mich, meine Haut und meine Nerven. Ich setzte auf recycelte Plastikrasierer, bin damit aber nicht sehr zufrieden. In einer idealen Welt, in der ich nicht Psoriasis hätte, würde ich mir die Beine schlicht lasern. Dann wäre Ende im Gelände und ich müsste weder hobeln noch rasieren. Derweil: Testet den Hobel!


Wie immer können so viele neue Möglichkeiten erstmal überwältigen und niemandem ist damit geholfen, wenn Menschen alles wegwerfen, nur um Zero/Low Waste Produkten Platz zu machen. Wer peu à peu seine bisherigen Produkte ersetzt oder auch nur hier&da Alternativen wählt, der hat bereits viel getan. Es geht natürlich noch viel extremer. Die Po-Dusche samt Pipi-Waschlappen statt Klopapier, sämtliche Pflegeprodukte selber herstellen, gemeinsam baden. Das ist sehr bewundernswert und geradlinig. Ich schaffe das nicht und versuche stattdessen, meinen Konsum immer wieder selber zu hinterfragen und freue mich über Tipps!

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