Achtsamkeits-Idiotin: Was mir beim Zähmen des Monkey Mind hilft

Eine Frau sitzt auf dem Boden, hinter ihr stehen viele Pflanzen
 

Achtsamkeit ist von Augenblick zu Augenblick gegenwärtiges, nicht urteilendes Gewahrsein, kultiviert dadurch, dass wir aufmerksam sind. Achtsamkeit entspringt dem Leben ganz natürlich. Sie kann durch Praxis gefestigt werden. Diese Praxis wird manchmal Meditation genannt.
Doch Meditation ist anders, als Sie denken.
Jon Kabat-Zinn

Ich bin eine Achtsamkeits-Idiotin. Ich schaffe es in den seltensten Fällen, im gegenwärtigen Moment zu sein. Das kennt ihr? Das glaube ich! Unsere Welt besteht aus tausenden von Reizen, die unentwegt auf uns niederprasseln. Und da ist Social Media nicht mal mit einberechnet.

Alleine in den Minuten nach dem Aufwachen werden wir mit Informationen und Reizen überrollt, sei es durch WhatsApp, durchs Radio, durch unseren Partner, unsere Kinder, außer Haus dann der Verkehr oder die Kollegen. Wetter, Termine, der Tagesablauf, all das fließt in unsere Hirne und vermischt sich dort munter mit allem, was uns noch so zugeführt wird. Im Job denken wir an die To-dos in der Mittagspause, in der Pause denken wir dann an die Aufgaben des Jobs, auf dem Heimweg lassen wir den Arbeitstag Revue passieren oder gehen die Einkaufsliste durch, Abends schauen wir Netflix, scrollen dabei durch Instagram und reden nebenbei mit dem Partner.

Der Monkey Mind Affe will gezähmt sein

Und wann genau haben wir an so einem Tag einmal innegehalten, um uns zu spüren, unseren Atem, unser Sein, das hier&jetzt? Richtig, meist gar nicht. Dabei ist es genau dieses Innehalten, das uns die nötige Standfestigkeit gibt, nicht umzufallen vor lauter Reizüberflutung. Und hier kommt nun die Achtsamkeit ins Spiel. Sie hilft dir, im Moment zu sein, statt dich schon durchzustressen, bevor du überhaupt die Wohnung morgens verlassen hast. Seit vielen Jahren hat die Bewegung der Achtsamkeit ihren Pabst gefunden, Job Kabat-Zinn. Der hat schon in den 1980ern sein Programm MBSR (Mindful Based Stress Reduction) entwickelt und es zum Welthit gemacht. Das aus Achtsamkeitsübungen, Meditationen und Yoga bestehende Programm wurde von Kabat-Zinn auch schon mit Gipfelteilnehmern des Weltwirtschaftsgipfels in Davos praktiziert.

Mein Monkey Mind in der Meditation

Zwei MBSR-Kurse habe ich bislang belegt, den klassisch achtwöchigen und den Kompaktkurs, also das ganze Programm in eine Woche gepackt. Beides fand ich gut, bei beiden war ich eher der Idiot. Andere Teilnehmer sinken zufrieden in einen Trance-ähnlichen Schlaf beim sogenannten „Bodyscan“, bei dem man 45 Minuten lang in den Körper rein fühlst, angeleitet von der Kursleiterin. Ich liege da und denke über dies und das und jenes und noch mal dies und noch mal das nach. Mein Monkey Mind springt von Ast zu Ast und macht einen Höllenlärm. Auch die anderen Übungen sind eher „na ja“ für mich. Meditation gelingt mir am besten alleine, zu Hause und ohne Anleitung. Sobald jemand beginnt zu sprechen, bin ich dort, nicht in mir. Auch das gemeinsame Yoga oder sonstiges fällt mir nicht so leicht, wie anderen. Mich beschleicht das Gefühl, mein Hirn ist besonders widerborstig. Ich hab offensichtlich einen kleinen Anarchisten im Geist sitzen. Der lässt sich nicht einfach führen, der macht sein eigenes Ding. Zwei Kurse und einige Bücher später weiß ich wirklich viel über die Achtsamkeit und finde sie grundsätzlich toll. Also so grundsätzlich. Ich habe mir sogar den Schriftzug „hier und jetzt“ eintätowiert. Um mich immer wieder daran zu erinnern, das ich nur das hier&jetzt habe. Kein Gestern, kein nachher. Aber gelingen tut’s mir dennoch noch nicht so gut.

Ich schmeiße Instagram vom iPhone, um weniger Ablenkung zu haben, öffne dafür dann aber immer öfter Pinterest oder surfe auf spiegel.de. Ich nehme mir vor, beim Essen ab sofort in Ruhe und achtsam zu riechen, schmecken und fühlen, was ich da genau esse. Und schau dennoch um mich herum und bin nicht wirklich da. Ich liege bei der Massage und denke an den Einkauf hinterher. Gnaaaah!

 Kurzum: ich bin zu sehr im TUN und viel zu wenig im SEIN!

Zehn Minuten Mindfulness

Wieso glauben Sie, dass Arbeit und Meditation zwei verschiedene Dinge sind?"
Akong Tulku Rinpoche

Nun muss man sagen, eine Reise beginnt und endet nicht im gleichen Atemzug. Will meinen, meine Reise zum achtsamen Leben hat gerade erst begonnen. Und dennoch nervt es mich, dass ich so viel weiß und es nicht anwende. Dabei bin ich ein Fan von Neurowissenschaft und weiß ganz genau, dass mein „Ober-Ich“ ja den Takt vorgibt und bestimmt, womit ich mich befassen möchte. Füttere ich meinen Geist mit viel Müll, liebt er dieses Junk-Food. Füttere ich ihn mit Achtsamkeit, tantrischen Zitaten und Yoga-Sutren, greift er halt das auf.

Ich finde es einfach rasend schwer, mich so einzustellen. Yoga hilft natürlich immens, denn wenn du die fließenden Asanas des Yogas praktizierst, dann denkst du nicht an was anderes. Du bist halt konzentriert. Aber direkt danach dingt mein Hirn wieder an. Los geht’s, anziehen, los fahren, wir haben ja noch so viel zu tun. Und andere liegen noch ganz high vom Savasana (die Totenstellung) auf ihrer Matte.

Wieder mal: sein eigenes Ding machen

Ich bleib hier wohl bei meiner eigenen Reise. Achtsamkeit üben, jeden einzelnen Tag. Aber akzeptieren und sehen, ich ticke einfach anders. Zwar ist das Thema Achtsamkeit für mich der Schlüssel zur Ausgeglichenheit, aber halt auf meine Weise und es braucht noch viele Tage Übung.

Ich möchte dennoch jedem das Thema ans Herz legen. Achtsames Leben bringt, sofern man es denn dann endlich anwendet, viel Kraft und Energie. MBSR-Kurse gibt es eigentlich überall, und die Bücher von Jon Kabat-Zinn sind ein guter Start. Aber auch so schöne Blogs wie happymindmagazine von Christina handeln vom achtsamen Leben. Vielen Menschen helfen auch Apps, die geleitete Meditationen oder kurze Pausen anbieten.

Wie geht es denn euch dabei, wann hattet ihr einen achtsamen Moment zuletzt? Indem ihr ganz präsent wart? Oder habt ihr noch weiterführende Tipps? Freu mich auf euer Feedback.

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