Gimme that Beat – eine Liebeserklärung an Musik

Eine Person hält in einem Plattenladen eine Platte der Band SAGA hoch und vor ihr Gesicht

Credit: Joanna Nix I Unsplash

Musik, oh Musik. Musik ist für mich Liebe, Leben, Spiritualität, Luft, essenziell, existenziell, Nahrung, Upper und Downer. Dass mein beruflicher Weg mich in die Musikindustrie führen wurde, konnte ich nicht ahnen, als ich mich mit fünf, sechs Jahren verzehrte nach Melodien und Lyrics. Meine erste emanzipatorische Handlung der Abnabelung war, in einem von Punkrock dominierten Haushalt vom Taschengeld eine Nino de Angelo Single zu kaufen – wohlgemerkt Vinyl, das war 1984, Baby. Meine avantgardistische Mutter war entsetzt, hatte sie mich doch schon mit vier Jahren auf Punkkonzerte und auf Motörhead Shows geschleppt. Nun denn, in einem Umfeld ohne Schlager musst du halt mit eben dem rebellieren!

Final Countdown bis Stripped – die Singles der 80er

Neben Nino standen mehrere Klassenklangspielplatten für Kinder, wie Peter und der Wolf. Fasziniert saß ich vor dem Plattenspieler und hörte, hörte, hörte. Jede Zelle meines kleinen Körpers elektrisierte sich, wenn der Wolf das erste Mal auftrat, es fließen auch heute noch Tränen, bei leider zu seltenen Opernbesuchen. Da meine Familie tatsächlich durch die Bank weg einen guten Musikgeschmack besitzt, profitierte ich von verschiedenen Einflüssen. Großmutter mochte Country, meine (andere) Mama Klassik und Opern, mein Vater prägte mich durch Künstler wie Al Jarreau bis Sade, aber auch The Cure oder The Police, Pink Floyd oder Genesis. Als Kind blieb ich stoisch auf, um die damals einzigartige Ronnys Popshow zu sehen oder Formel Eins. Wie gebannt ich den ersten Auftritt von Europe sah und vor Begeisterung über den finalen Countdown fast zusammenbrach, der mir heute zum Hals raushängt! Radio war das Ding in meinem Kinderzimmer. Ich habe mir selber Tanzklamotten gebastelt und stundenlang, wirklich stundenlang abends zu den Songs getanzt. Als ich 1986 das erste Mal einen Track von einer Band, deren Namen ich mir beim besten Willen nicht merken konnte, hörte, war ich infiziert. Lange Zeit später stellte sich raus, dass es sich um „Stripped“ von Depeche Mode handelte. Keine Band, keine Texte haben mich über Jahrzehnte hinweg so geprägt wie die von Depeche Mode, denen ich auch mein Social Media Alter Ego @juliedepeche verdanke.

Come with me Into the trees
We'll lay on the grass
And let the hours pass
Take my hand

Come back to the land
Let's get away Just for one day
Let me see you
Stripped down to the bone
(Stripped/DM)

Ähnlich ging es uns – selbstverständlich - mit New Kids On The Block. Als 80s-Kid bist du gar nicht drumherum gekommen, eine Sensation, du warst hysterischer Blockhead, da gab es keinen Weg dran vorbei. Deren Songs und Videos haben mir meine erste Vorstellung von Liebe und Romantik geprägt, bis Depeche Mode’s Martin Gore sie mir mit seinen Texten wieder auseinanderriss und wiederum meine Vorstellung von Sexualität bildete. Zurück zu New Kids On The Block: als ich zehn Jahre später den Leadsänger Jordan Knight auf einigen Reisen als Pressefrau begleiten sollte, habe ich ihm glaubhaft versichert, ich wäre nie Fan gewesen. Dass ich früher abends sein Poster geküsst habe und mich Mrs. Knight nannte, verschwieg ich besser, im Sinne der professionellen Beziehung. Natürlich gab es unendlich viel andere geile Entdeckungen dieser Zeit, Ich stehe auch immer noch zu meiner tiefen Liebe zu Rick Astley, Michael Jackson, Tears for Fears, TalkTalk, Spandau Ballett, Wham!, George Michael (einer meiner absoluten Top-Künstler), INXS, Nirvana, Cure, Bronski Beat, aaaaah, wo soll das noch hinführen. Ihr wisst, was ich meine.

Die 90er - Ich lebe für Hip-Hop!

NKOTB haben uns den Weg geöffnet zu Rap, denn darüber lernten wir Public Enemy, Biz Markie, 2 Live Crew, Ice-T oder Run-D.M.C. kennen. Was für ein nächstes Level! Hip-Hop liebe ich bis heute. Nicht nur, weil wir mit 1990/1991 unsere eigene Rapcrew „Eject“ gründeten und tatsächlich in Eigenregie im Teenagerzimmer ein fulminant schlechtes, aber dennoch geiles Tape aufnahmen. In meinen Tagebüchern habe ich nicht nur einmal festgehalten, ich würde „für Hip-Hop sterben“. Ehrfürchtig standen wir im Plattenladen Crazy Tunes in Hannover und haben uns durch Neuerscheinungen gehört, höchstens ein Vinylalbum konnten wir uns leisten, und wenn es durch Zeitungen austragen oder Babysitting richtig gut lief, konnte ich mir eine Ausgabe der Rapzeitung MZEE kaufen. Hätte ich damals gewusst, dass ich nur ein paar Jahre später eben dort ein Praktikum machen sollte, was den Grundstein für meine PR-Laufbahn legen würde, mich hätte der Blitz getroffen vor Ehrfurcht. Als ich 1996 in Köln anfing, in der Industrie zu arbeiten und den ganzen Tag nur mit Musik zu tun hatte, fühlte sich das an wie ein Traum. Whaaat – über Musik reden und schreiben, das nennt sich Job? Crazy in love!


Funny it seems but by keepin its dreams it learned 2 breathe fresh air
Long live the rose that grew from concrete
When no one else even cared
No one else even cared
(The Rose That Grew From Concret/2Pac)


Die folgenden Jahre durfte ich aber eben genau das tun, in Radiostationen, bei Magazinen, bei Viva & MTV, den ersten ganz kleinen Onlinemagazinen und als Autorin für das Rapmagazin Wicked. Nach MZEE kam Universal, wo ich mit Künstlern wie Dr. Dre, Eminem oder Jurassic 5 arbeiten durfte. Holy!

18.05. 🖤

Come as you are – Die Rock-Era

Tatsächlich öffnete sich in den Neunzigern mein Herz auch für Gitarre: von Slipknot über Incubus, Pantera, Machine Head, aber auch Soundgarden, Faith No More, Pearl Jam, Life Of Agony oder Nirvana. Ich liebe, liebe, liebe die Fülle an Musik, die man hören kann, wenn man sich ihr nur öffnet.

Musikpolizei habe ich nie verstanden, wenn mich ein Jennifer Lopez Song kickt, ist es doch scheißegal, welchem Genre er angehört. Free your mind!

Free your mind and the rest will follow
Be colour blind, don't be so shallow
(Free Your Mind/En Vogue)

Und auch heute - die große Liebeserklärung

Wie geil es ist, sich in Musik reinzuhören, sie aufzusaugen und sich in ihr zu verlieren. In CD-Booklets zu blättern, aufmerksam Lyrics zu lesen und die persönlichen Notizen der Künstler zu studieren. Meine Art, Musik zu konsumieren hat sich leider verändert, ich war so stolz auf meine mehreren tausenden CDs im Regal und war entsetzt, als Charlotte Roche verkündete, ihre CDs zu digitalisieren und wegzupacken. Frevel! Blasphemie! Jetzt höre ich Spotify hoch und runter und stand seit Jahren nicht im Plattengeschäft. Shame on me. Aber diese endlos große Bibliothek, dieses auf alles zugreifen können, egal wo ich bin und welche Stimmung ich gerade habe, ist so eine Freiheit für mich als Nutzer – ich würde allerdings gerne mehr bezahlen, damit die Künstler Geld sehen für ihre Werke und ihr Herzblut. Ich will zurückgeben, was sie mir geben. Keinen Moment meines Lebens, indem ich nicht voller Musik war, egal welches Genre. Mit Musik steuere ich meine Stimmung, untermauer etwas, breche etwas auf, lass etwas zu oder lerne. Ich lern(t)e so viel durch Lyrics.

Leid, Schmerz, Euphorie, Sex, Wut

- es gibt keine Emotion, zu der es nicht die passende Musik gibt. Musik ist einfach immer da, und hinter jedem Song steckt wahnsinnig viel Arbeit, und meist viel Geschichte und Herzblut. Ich bin und dafür, dass ich etwas habe, was mich lebendig fühlen lässt, immer und immer wieder. Ich bekomme Gänsehaut bei Musik, ich kann damit kommunizieren, wie zuletzt, als ich mit einem Freund mehrere Tage nur über Songs kommuniziert habe und wir haben uns verstanden, ohne erklärende Worte. Ich bin so dankbar, dass es Musik gibt und ich sie so fühlen kann - besonders auf Festivals und Konzerten. Cheesy at it is: Music was my first love and it will be my last.

Gimme the beat – Was hörst du gerne?

Und jetzt lasst mich teilhaben an dem, was ihr musikalisch liebt, ich will eure guilty pleasures und eure Vorzeige-Favoriten, eure ersten Bands und was ihr aktuell liebt!

Edit: Der Text erschien erst auf einem anderen Blog-Host, die zahlreichen Kommentare mit tollen Musik-Tipps habe ich beim Umzug leider verloren.

 
Zurück
Zurück

Working Mom: Wenn Mütter unter Care-Arbeit leiden – so wie ich

Weiter
Weiter

Less plastic, less drama? Sieben Tage plastikfrei Einkaufen – ein Versuch