Less plastic, less drama? Sieben Tage plastikfrei Einkaufen – ein Versuch

Nektarinen fallen aus einer weißen Baumwolltasche

Credit: Mathilde Langevin / Unsplash

 

Oh ja, lass machen – der Kommentar meiner Freundin Sara vom Blog saritschka. Sieben Tage, eine volle Woche also, plastikfrei einkaufen, das geht schon irgendwie. Wieso wir das wollen? Weil Plastik inflationär über die Theke / in den Einkaufswagen geht. Weil es Strände vermüllt, die Meere überschwemmt, in Menschen nachgewiesen wird – und wir demnächst unter unserem Plastikmüll ersticken. Gleich vier Wochen Verzicht konnten wir uns erstmal nicht vorstellen, zunächst sollten es nur sieben Tage sein. Die Maßgabe: Zero Plastik einkaufen.

Ist plastikfrei Einkaufen wirklich Verzicht?

Natürlich sind wir Erste-Welt-Kinder ja sowieso mit Vorräten ausgestattet, es ging auch gar nicht drum, das vorhandene Plastik gar nicht zu nutzen in der Zeit. Und dennoch: Direkt am Montagfrüh, zum Start der Woche, geht mein Gesichtswaschgel leer. Plastiktube. Natürlich. Alternativen gibt es hier für mich nicht, feste Seifenstücke sind für meine Gesichtshaut leider nicht geeignet. Hmpf. Blick in den Badschrank: Zur Auswahl stehen kleine Proben von Gesichtsmilch und das Mizellenwasser. Ok, das wird gehen, aber ist das Betrug oder okay? Zum Mittag gehen wir uns Essen holen, ausgestattet mit Plastikdosen – ist kein Problem beim Schanzen-Kumpir, Box wird anstandslos gefüllt. Der abendliche Einkauf im Bioladen fällt kläglich aus: bisschen Salat, bisschen Gemüse, bisschen Kurkuma. That’s it.

Zweiter Tag. Ich stehe vor dem Dilemma: Wie verpacke ich bei Bundi mein Franzbrötchen? Die Tüte hat Plastikeinsatz, aber ganz ohne will ich es nicht anfassen, da grad aus der Bahn kommend. Kurzerhand greife ich zum Flyer, der an der Kasse ausliegt. Ja, ist eine Alternative, befriedigt aber nicht. Ist ja auch Müll. Dafür geht’s mittags in den Unverpackt-Laden: Haarseife, wiederverwendbare Backfolie, wiederverwendbare Wattepads und der Lieblingskauf, feste Zahnpasta in Pillenform – also ohne Plastiktube. Geil. Drei Minuten später passiert aber Folgendes: Ich bitte meine Kollegin, mein Brot beim Bäcker zu zahlen, damit ich schnell Geld bei der Haspa ziehen kann. Komme wieder, greife Brot und Wechselgeld, wir laufen los, reden, palavern. Im Büro stelle ich fest: Fuck, Brot ist im Plastikbeutel eingepackt. Argh! Nicht fokussiert und völlig selbstverständlich angenommen, keiner hat es gecheckt.

Leider bin ich konsumgeil

Dritter Tag – ich gehe nicht einkaufen. Weil: Brauch nichts, was es unverpackt gibt und alles andere sitze ich quasi aus. Mir fällt unangenehm auf, im Budni kann ich einfach mal so gar nichts kaufen. Weil jedes verdammte Produkt in Plastik verpackt ist. Jedes. Verdammte. Produkt. Mir drängt sich die Frage auf, was kostet das eigentlich? Material, Druck, Herstellung, Logistik, Entsorgung. Was ist das für eine CO₂-Bilanz und was zahle ich als Verbraucher für den – wortwörtlichen – Müll? Würde mir als Verbraucher nicht was supersimpel Verpacktes reichen? Klar, mir schon, vielen anderen nicht. Fancy, große, verschwenderische Produktverpackungen gehen allzu gerne über die Ladentische.

Ich geh also über zum Nicht-kaufen. Und merke wieder mal, was für ein versauter Konsument ich bin. Ich gebe ständig Geld für Kleinkram aus, den ich weder brauche, noch unbedingt aufbrauche. Wie selbstverständlich mülle ich mir die Bude mit sinnlosem Zeug zu.

Okay, Tag Fünf. Ich stehe im Rewe und möchte Salat. Geht aber nicht, alle Salate in Plastik. Beutel, Tüten, Boxen. Ich gehe stattdessen zum gut sortierten Türken ums Eck. Der hat frischen Rucola, ohne Plastik. Das teile ich auf Instagram in meinen Storys und verlinke Rewe. Ein Communitymanager antwortet. Wie zu erwarten leider nicht sehr auf den Punkt, sondern schwammig und mit Aussagen wie „Transport, Schutz des Lebensmittels, Hygiene (Wah, Bullshit!), lalalala“. Und das Knallerargument: Ab 2019 verzichten wir ja auch auf Plastikstrohhalme. Ok, liebe Rewes. In meinen letzten Jahren an eurer Kasse habe ich nicht eine Person gesehen, die Strohhalme bei euch kaufte. Und ja – ich lese durchaus selber die Beschlüsse der Bundesregierungen zum Verbot von Einwegplastikartikeln. Aber nice try, danke. Ich schlage dem Communitymanager vor: Macht einen Rewe City in Berlin auf – plastikfrei und nur mit krummem Obst und Gemüse im Angebot. Da habt ihr super Content für eure Kanäle, mal was ganz Neues, ein Influencer-Thema und wow – ihr macht dann tatsächlich was Relevantes. Kommt aber nicht an beim Community Manager. Er bedankt sich mit vorgefertigten Textbausteinen.

Eine Mülltonne mit einem Kreislauf-Zeichen darauf

Sigmund I Unsplash

Was wird eigentlich wie bei uns recycelt

Was in die Wertstoff-Tonne kommt, kann grundsätzlich recycelt werden. Obacht – was sich mittags schnell von draußen geholt wurde und anschließend im Restmüll landet, kann nicht verarbeitet werden. Mülltrennung sollte daher erstes Gebot sein. Plastikfreie Biotonne, papierfreie Plastiktonne: Klingt so easy, schaffen aber viele Bürger nicht. Es gibt unterschiedliche Informationen zum Thema anschließender Verarbeitung der Wertstoffe, die ich natürlich nicht so einfach verifizieren kann. Das Umweltbundesamt spricht von einer „Nahezu kompletten Verwertung der Abfallstoffe“. Dem gegenüber steht der aktuelle „The Recycling Myth“ Bericht von Greenpeace. Tenor: Unser Zeug wird nur verschifft und vermüllt dann halb Asien – hier am Beispiel von Malaysia. Und unabhängig davon gilt: Selbst wenn wir einen hohen Anteil recycelten Kunststoff haben, die Aufbereitung verbraucht immense Energien und Ressourcen.

 Der einzig sinnvolle Weg kann also nur die Reduktion sein.

Das Meinungsforschungsinstitut YouGov hatte Mitte des Jahres gefragt, wie die Deutschen zum Thema Verbot von Einwegplastikartikeln, für die es eine Alternative gibt, stehen. Was YouGov feiert, sehe ich eher als kritisch. Nur 45 Prozent der Befragten halten diese Entscheidung für sehr gut. Und immer noch 5 Prozent halten das für überhaupt nicht gut. Deckt sich mit meinen Beobachtungen an der Supermarktkasse, wo Leute ihren Butternusskürbis und die Banane in eine dünne Plastiktüte packen. Manchmal möchte ich Menschen einfach hauen.

Fazit: Less plastic, less drama?

Und irgendwie geht so frustrierend die Woche herum. Ich vermeide einfach einzukaufen, aber das kann nicht die Patentlösung für den Alltag sein. Ja, ich hab eine tolle Shampoo- und Seifenlösung gefunden, mit Kaolin-Pulver. Und feste Seifen wie die von Terrorists Of Beauty sind auch universal und Unisex verwendbar. Dennoch, das Thema Kunststoffvermeidung ist für mich schwer und für mich hier einen guten Weg zu finden, ist nicht leicht. Wie immer sollte gelten: bedacht einkaufen, immer die Nachfrage stellen „Brauche ich das (wirklich)?“, Alternativen zu finden, Dinge selber herstellen und immer, wenn es geht, den weiteren Weg auf sich nehmen und mal zum Unverpackt-Laden laufen.

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