Rezension: 66,6 Metal Stories von Leim und Leim
Eigentlich wollte ich dieses Buch „nur“ in meiner „Bücher zu Weihnachten“-Strecke vorstellen. Aber das hat mir so viel Spaß gemacht zu lesen, das verdient eine umfassende Rezension. Wer sich jetzt wundert, Metal auf junieundich? Ja: schließlich habe ich jahrelang in der Musikindustrie gearbeitet und viele, viele gute Metalbands betreut. Metal & Yogini? Passt hervorragend. Mein früherer Spitzname war schließlich „Metal Jule“.
Gut, ich bin wirklich gaaaaar kein Vergleich zu den echten Metal-Heads und wandelnden Metal-Lexika Christof und Andre Leim, dem Autorenpaar hinter den „66,6 Metal Stories“. Aber immer wieder packt es mich und es gibt eine Portion „Geknüppel und Gedresche“ auf die Ohren. Sehr entspannend manchmal.
Metal Stories meets meine Story
Bei meinen ausführlichen Rezensionen auf dem Blog lasse ich auch immer persönliches mit einfließen. So auch hier. Gerade sogar hier. Ich hatte das Glück, Anfang der 2000er erst bei Motor Music/Universal und dann ein paar Jahre bei SPV, dem Independent-Label/Vertrieb aus Hannover in der PR-Abteilung zu arbeiten. Mit Lieblingskollege und Metal-Koryphäe Mirko Marten (🖤), der schmerzlich vermisst wird. Bei SPV war Metal das Bread&Butter Geschäft und mein typischer Start in den Arbeitstag sah dann so aus: Bio-Müsli, großer Kaffee, Mails lesen und dann kam auch schon Mirko um die Ecke und los ging’s mit dem Geknüppel und Gedresche. So ziemlich jede Band, die bei uns auf Rotation im Office lief, wird mit Anekdoten von Leim & Leim im Buch angerissen:
Klar, Metallica ist dabei, Motörhead sowieso, aber auch meine geliebten Slipknot, mein Crush Mille Petrozza von Kreator, Anthrax oder Cradle of Filth.
Überraschende Anekdoten aus dem Metal-Kosmos
Klar, das Autoren-Ehepaar Andrea und Christof „Leimsen“ Leim sind ja selber diese wandelnde Musik-Enzyklopädien und echte Metalheads, die können solche Geschichten easy aus den Ärmeln schütteln. Unzählige Touren, Interviews, Festivals und Besuche von Bands in der Redaktion dienten den Beiden zum Auffangen vieler kleiner und großer Geschichten. Wie schön, dass man uns hier sorgfältig 66,6 Stories handlich auf knapp 190 Seiten kuratiert hat. Christof Leim war langjähriger Chefredakteur beim deutschen Metal Hammer, neben dem RockHard die Bibel der hiesigen Metal-Landschaft. Und Andrea Leim ist Chefredakteurin des Wacken-Open-Air-Magazins The Bullhead. Auch ich habe den Hammer seit Ende der 90er Jahre als PR-Frau besucht, da saß der sogar noch in München. Lange ist das her. Solange, wie so einige der Schwänke aus dem Buch:
Da verlieren Metallica 1989 bei den Grammys in der Kategorie „Best Hard Rock/Metal Performance“ gegen, äh, ja, die Flöten-Druiden von Jethro Tull. Kurios!
Da werden den Eltern von Doro Pesch in den Ende-Achtziger-Jahren haufenweise, tja: Haufen geschickt. Weil ein Rezensent der RockHard sie dazu animiert. Sehr gemein übrigens. Doro Pesch ist eben nicht nur Queen, sie ist eine ganz wundervolle Person, und ich weiß es zu schätzen, dass ich mit ihr ein paarmal unterwegs sein durfte.
Auch die schon langanhaltende Sammelwut von einigen Koryphäen der Szene mögen älter sein, dafür umso überraschender. Oder würdet ihr denken, dieser geschmeidige Herr hier sammelt … Äh, Plüschtiere?
Nicht fehlen darf natürlich in den 66,6 Stories die Geschichte um Mayhem, die 90er Black Metal Schocker aus Norwegen. Kirchenbrände, Morde, Suizid, diese Bandgeschichte hat alles, was eine Legende braucht. Sogar ich erinnre mich an die Bilder der brennenden Kirchen aus der, öhm, BRAVO. War ich halt erst 13. Bis heute bin ich fasziniert von der Band und schaue regelmäßig Dokus, den Film „Lords of Chaos“ oder lese in Büchern.
Auf einige der Protagonisten treffen wir auch gleich mehrfach im Buch: Iron Maiden, die Osbournes, Motörhead. Und Metallica. Immer wieder Metallica. Was soll ich sagen. Seufz.
Deutschlands Metal-Importe Kreator, Sodom oder Destruction sind ebenfalls breit vertreten. Wusstet ihr, wer von diesen Musikern es auf einer Kunsthochschule schaffen wollte und wer ein obskures Faible für eine bestimmte Art der Postkarte hat? Nein? Hier lest ihr es nach.
Die Kapitel von 66,6 Metal Stories im Überblick
Unterteilt ist das Buch in die Kapitel „Wildes Leben“, „Trivia“, „Weltgeschehen und Nachrichten“, „Lieder, Alben und Konzerte“, „Crime Time“ und „Biografien“. Interessant finde ich, dass die Bands alle der klassischen Metal-Zeit angehören. Keine Bands ab 2000 ist wirklich vertreten. Weder das Wacken, das Mekka der Metal-Jünger*innen (und ich war immer noch nicht da), noch die Ära der Nu-Metal Bands, schon gar nicht, was danach alles kam. Bin ich ehrlich: Würde ich auch gar nicht mehr kennen, würde mich gerade deshalb aber auch interessieren. Ein Schelm, wer da an eine Fortsetzung denkt.
Fazit
Was für eine schöne, nostalgische und leider ruckzuck durchgelesene Reise durch den irren Metal Kosmos. Hair Metal, Death Metal, Thrash-Metal, Hardrock – was hat mir das Spaß gemacht. Was jetzt noch fehlt: die Spotify-Playlist zum Buch! Das Buch ist das perfekte Geschenk für alle klassischen Metal-Fans, für den Nachwuchs und sowieso für alle, die sich auch nur annähernd mit Musik befassen. Bestellbar in jedem Buchhandel.
Christof Leim | Andrea Leim: 66,6 Metal Stories
Softcover, 192 Seiten
Erschienen: November 2024
ISBN: 978-3-7423-2742-0
Aufmacher-Bild: Luuk Wuoters I Unsplash